Geschichte des Filmplakats

Frühe Jahre (1895-1927)

Kinoplakat Cinématographe Lumière (Henri Brispot 1895)
Das erste Filmplakat der Geschichte

Das Filmplakat gibt es eigentlich schon länger als den Film! Es stand schon bei den ersten Filmvorführungen der Skladanowsky Brüder am 01. November 1895 im Wintergarten Berlin und der Brüder Lumière am 28. Dezember 1895 im Pariser Grand Café in der visuellen Tradition von Produkt- und Veranstaltungsplakaten, nachdem die Farblithografie ab 1890 von Paris aus die Welt eroberte.

Nachdem bei der ersten Vorführung der Brüder Lumière nur 30 Zuschauer anwesend waren, verbreitete sich die neue Attraktion wie ein Lauffeuer. Alle wollten diese Kurzfilme sehen. Aus diesem Grund wurden bereits Anfang 1896 zwei Plakatmotive für den allerersten Druck eines Filmplakats entworfen. Eines vom französischen Künstler Henri Brispot. Ein Exemplar dieses Plakates kam im August 2018 bei Sotheby's unter den Hammer, nachdem es fast 40 Jahre im Privatbesitz eines Sammlers war. Es erzielte 160.000 Pfund (ca. 179.000 Euro). Dieses Motiv gilt als erstes Filmplakat der Geschichte überhaupt.

Kinoplakat Der pflichttreue Weichensteller (1911)
Filmbezogenes Motiv eines Edison-Films

Bemerkenswert an den ersten Filmplakaten war, dass sie kaum die gezeigten Filme zum Thema machten sondern die filmische Projektion als Attraktion. Häufig war auf dem Plakat das Publikum abgebildet, wie es den sogar oft vor Ort produzierten Film sah. Das Publikum sah sich also selbst. Die Titel der gezeigten Filme sind hingegen nicht zu sehen. - Das frühe Filmplakat stand somit sowohl dem Produktplakat als auch dem gemeinen Veranstaltungsplakat nahe. Auf den konkreten Film bezogene Motive wurden zuerst 1909 von Edison verwendet.

Kinoplakat Der Eid des Stephan Huller (Willy Dietrich 1912)
Klischeeplakate verbanden Schrift, Grafik und Fotos

Nach Wander- und Ladenkinos entstanden ab ca. 1910 immer mehr feste, große Lichtspieltheater. Dies hatte auch mit dem aufkommenden Verleihwesen zu tun, das es den Kinos ermöglichte, Filme häufiger zu wechseln statt die gekauften Filme bis zum Zerfall abzuspielen. Mit der Anzahl der Filmtheater stieg die Anzahl Filmplakate im Straßenbild vor allem der Großstädte. In den 20er Jahren waren ungefähr ein Drittel aller Plakate in den Straßen Filmplakate. Gestalterisch bildeten sich drei Hauptgruppen heraus: das typografische Plakat, auf dem Schrift und Text im Vordergrund stehen; das szenisch-illustrative Plakat, das meist als Kopfplakat mit Porträtköpfen arbeitet; und das Montageplakat, das Typografie, Fotografie und Zeichnung enthält.

Kinoplakat Das Kabinett des Dr. Caligari (Erich Ludwig Stahl, Otto Arpke 1920)
Plakat zur Werbekampagne für Caligari - Heute würde man Teaser sagen

Die meisten Filmplakate der frühen Jahre, die oft auch einfach Reklamezettel genannt wurden, waren Wegwerfware von geringer künstlerischer Qualität. Das wurde von vielen Zeitzeugen bemängelt, z.B. auch 1914 vom Kunsthändler Herbert Tannenbaum in der Zeitschrift Das Plakat. Auch aus diesem Grund sind heute wenige dieser Plakate erhalten, was den Blick auf diese Zeit heute leicht verzerrt. Im Verein der Plakatfreunde, der auch die genannte Zeitschrift herausgab, sammelten sich neben dem Herausgeber Hans Sachs zahlreiche andere Sammler. Hans Sachs sammelte auch viele (hochwertige) Filmplakate, ein Großteil seiner frühen Plakatsammlung wurde aber bei einem Brand zerstört.

Zensurstempel von 1925
Adlerstempel 1925

Ab den 1910er Jahren kamen Filmplakate auf, die künstlerisch gestaltet waren. Diese Plakate waren allerdings nur die Ausnahme der Regel. Die meisten Plakate wurden als grell und reißerisch beschrieben. Nur die anspruchsvolleren Filmtheater leisteten sich gute Gestalter – auch um sich von den Kinos der Arbeiter abzugrenzen. Viele Kinoplakate setzen auf reißerische Effekte, auch auf Blut und erotische Kussszenen. Diese Motive riefen 1920 die Zensurbehörden auf den Plan, die in der Folge durch die Ablehnung allzu sensationslüsterner Motive tatsächlich sogar zunächst dafür sorgten, dass das künstlerische Plakat gefördert wurde. Somit mussten alle Filmplakate nach dem Reichslichtspielgesetz von 1920 zunächst geprüft werden und durften erst nach Erhalt der Adlerstempel genannten Freigabe geklebt werden.

Kinoplakat Die Hose (Jan Tschichold 1927)
Konstruktivistisches Filmplakat 1927

Stilistisch wiesen die Filmplakate der 20er Jahre einen größeren Reichtum als heutige auf, die oft vertraglichen Regelungen unterliegen. Diese Phase wird auch als Blütezeit des deutschen Filmplakates bezeichnet. Vom Expressionismus bis zur reduzierten Formensprache der neuen Sachlichkeit.

Zur Zeit der Weimarer Republik bildeten sich ebenso die Prototypen des Genreplakates für Western, Komödie und Melodram heraus, die durch eindeutige Gestaltungsmerkmale in Farbe, Schrift, Szenerie und Stars die Erwartungen des Publikums in die gewünschte Richtung lenkten.

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Letzte Überarbeitung: 2021-01-02